Wiener Salons – Hinterzimmer der Macht

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Der Wiener Salon ist untrennbar mit der österreichischen Geschichte verbunden. Der politische und kulturelle Austausch, der dort gepflegt wurde, befeuerte die Bedeutung des aufstrebenden Bürgertums, das zur treibenden Kraft der demokratischen Veränderung in Österreich wurde. Dabei spielten insbesondere die jüdischen Salonieren eine Rolle, denn ihre Salons waren die progressivsten. Hier trafen sich nicht nur Menschen unterschiedlicher Schichten, sondern auch unterschiedlicher Konfessionen.Wer Aufträge und Aufmerksamkeit wollte, konnte an den Salons nicht vorbei.

Die Salon-Kultur entstand in der Zeit der französischen Aufklärung. Dort wurde die Revolution vorverhandelt – unter starker Mitwirkung der Frauen. Sie waren es, die gegen Versailles marschierten und sie waren auch im Konvent, erheben sie ihre Stimme. Aber nicht lange. Bald schon schlossen die Männerbünde die Frauen aus dem Prozess aus. Also kehrten sie zurück in ihre Salons.

Fanny von Arnstein genoss später als gebürtige Berlinerin schon in ihrem Elternhaus das Salonleben, und brachte diese Kultur nach Wien. Fanny Arnsteins Salon war vor allem während des Wiener Kongress zentraler Meeting Point der Politik. Denn dort konnte man in Ruhe und diskret verhandeln. Wenn man sich vor den vielen Spitzeln in Acht nahm.

 

Vor allem der jüdische Salon hatte progressive Kraft

Die Erbauung der Ringstraße sollte dem bürgerlich-jüdischen Salon noch mehr Einfluss verschaffen. Bis 1860 durften Juden keinen Realbesitz erwerben. Franz Joseph brauchte aber Geld für seine Prachtbauten, wie die Oper oder das Parlament. Also genehmigte er auch jüdischen Bürgern den Erwerb von Ringstraßenparzellen – zu überteuerten Preisen. In den neuen Palais, wie dem von Josephine Todesco sollten prachtvolle Salons, oft mehrere die Woche, stattfinden.

Hier ging die Kunst und Kultur aber auch die Politik ein und aus. Im 19. Jahrhundert, dem Zeitalter der Industrialisierung, lag der Schwerpunkt der Salons an Innovationen und Geschäftsdeals. Auch die bürgerliche Revolution war im übermäßig liberalen Salons Thema, aber die wirklichen Vorbereitungen wurden in den Kaffeehäusern getroffen.

Berta von Zuckerkandl war mehr als eine einflussreiche Saloniere

Mit der Jahrhundertwende entstanden moderne, intellektuelle Salons. Berta von Zuckerkandl ist als Kind schon im Salon der Eltern aufgewachsen und politisch geprägt. Ihr Vater, Moritz Szeps ist ein mächtiger Verleger und lehnt Österreichs Orientierung an Preusen ab und wünscht sich für Österreich eine Entwicklung wie in Frankreich – hin zur Republik und konsitutionellen Monarchie.  Er hat einen prominenten Mitkämpfer: Kronprinz Rudolph. Auch er unterstützt die Idee eines republikanischen Verfassungsstaates. Was am Hof Entsetzen hervorruft.

Er publiziert nicht desto Trotz in der reichweitenstarken Zeitung von Bertas Vater anonym progressive Artikel. Berta Zuckerkandl ist die Botin der klandestinen Depeschen des Kronprinzen an ihrem Vater.

Damals weiß sie noch nicht, dass ihr Vater wegen seiner antipreußischen Haltung vom Kaiserhof ruiniert werden wird. Sie untersagen ihm schlicht und einfach den Vertrieb seiner Zeitung über die Trafiken. Der Kaiserhof braucht keine Zensur um einen unliebsamen Verleger los zu werden.

Berta Zuckerkandl ist eine gute Freundin von George Clemenceau, dem späteren französischen Ministerpräsidenten und Erzfeind der Habsburger-Dynastie. Allein ihrer Intervention ist es zu verdanken, dass Frankreich sich nach dem 1. Weltkrieg nicht gegen die Versorgungslieferungen für hunderttausende hungernden Österreicher stellt. Berta Zuckerkandls prowestliche Haltung und ihrer Netzwerke bewahren viele vor dem Hungertod.

Wiener Salon

Eine Freundin von ihr ist Alma Mahler Werfel. Auch sie unterhält einen mächtigen Salon. In ihre Villa Ast in Döbling kommen auch Vertreter des Ständestaats, wie Karl Schuschnigg und Alma, verheiratet mit dem Juden Franz Werfel, schwingt ungeniert Reden über die Widerwärtigkeit des Judentums und der Überlegenheit der Nationalsozialisten. Fliehen wird sie am Ende trotzdem.

Die vergessene Saloniere Hertha Jäger

Wiener Salons

Ein weniger bekannter Salon ist der von Hertha Jäger. Sie entstammt der reichen jüdischen Familie Mautner Markhof. Ihre Villa auf der Landstraße Hauptstraße wird von allen Künstlern, Dichtern und Politikern ihrer Zeit frequentiert. Ihre Mutter ist Frauenrechtlerin und bricht mit der Familientradition, dass die Töchter an adelige Offiziere verheiratet werden müssen. Sie dürfen sich selbst den Mann aussuchen und auch eine Ausbildung machen. Ihre Schwester heiratet Kolo Moser und wird selbst Grafikerin.

Die Villa Jäger erwacht aus dem Dornröschenschlaf

Die wunderbare Villa mit Park und Kegelbahn verfällt ab den 10er Jahren in den Dornröschenschlaf und soll abgerissen werden. Aber heute ist das Bundesdenkmalamt eingekehrt und legt alte Tapeten und Wandmalereien frei.  So wird ein Stück Geschichte wieder sichtbar.

Wiener Salon

Gestalterin Patrice Fuchs zeigt in ihrer Neuproduktion für ORFIII Erbe Österreich die Macht der Wiener Salons für das Networking der aufstrebenden Bourgeoisie und erklärt die Bedeutung dieser Institution für den österreichischen Geschichtsverlauf.

Im nächsten Film werden wir auf den Schüttkasten Essling eingehen.

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