Teil drei dieser Zeitreise ins alte Wien mit vielen bisher ungesehenen alten Aufnahmen führt von Kagran bis Strebersdorf. Nach „Transdanubien“ führt jahrhundertelang nur eine Brücke. Es ist eine Holzbrücke. Ein Provisorium, das bei jedem Hochwasser neu erbaut werden muss.
Erst mit der Donauregulierung konnte die erste massive Brücke über die Donau gebaut und damit startet die Industrialisierung von Floridsdorfer und auch von Wien. Denn jetzt kann auch die Eisenbahn in die östlichen Länder der Monarchie erweitert werden.
Die Frühindustrialisierung verändert die Gesellschaft: Einerseits ziehen immer mehr Menschen vom Land in die Vorstädte weil sie dort Arbeit bekommen. Dadurch wird dort Wohnraum langsam knapp. Und es kommen immer mehr Menschen aus den Kronländern nach Wien.
Der Nordbahnhof
Am Nordbahnhof kommen sie an und stoßen auf Salomon Rothschild. Bzw auf dessen Statue. Er hat den Bahnhof und die Eisenbahnlinie erbauen lassen. Vor allem jüdische „Stettljuden“ sehen in Wien eine Art europäisches „Jerusalem“. Hier könne man es mit Fleiß zu was bringen. Der Traum vieler Neuankömmlinge wird leider nicht in Erfüllung gehen. Sie wohnen in nassen Kellern, hungern und erkranken. Auch assimilierte Juden wollen nicht an ihnen anstreifen. Als wäre Armut ansteckend.
Die Donaustadt ist stark vom Donauwasser geprägt. Hier stehen die „Kaisermühlen“: schwimmende Mühlen, die durch die Strömung angetrieben werden.
Das Gänsehäufl
Und hier entsteht um 1900 auch das Gänsehäufl. Damals heißt es „Berndl-Kolonie“ und wird von einem Energetiker und bunten Vogel betrieben: Florian Berndl predigt das Nacktbaden und heilt auch ohne Hemmung alle möglichen Erkrankungen. Und er verdient Geld am Betrieb des Freibads. Der Stadt Wien wird das Ganze bald zu bunt. Sie übernimmt das Gelände und gründet ihr eigenes Bad. Das Gänsehäufl. Hier dürfen Männer und Frauen nur getrennt baden. Außer man ist eine Familie, dann kann man in das Familienbad hinein. Dazu reicht es Mann und Frau zu sein. Das führt dazu, dass man keck am Eingang Unbekannte anspricht und sich an der Kassa als Paar ausgibt. Im Familienbad geht es nämlich locker und lustig zu.
In den 60er Jahren starten große Baumassnahmen in Floridsdorfer und Kagran. Die Arbeiterschicht so in Schichtbeton-Bauten neuen Komfort finden. Dieses Vorhaben erfüllt sich auch, aber rund um diesen Siedlungen breiten sich nur Ackerlandschaften aus. Wo sollen die Kinder spielen? Die Eltern gründen Initiativen und Abenteuerspielplätze, um den Mangel zu beheben. Aber 10 Jahre später sind die Kinder zu Jugendlichen herangewachsen und rund um gibt es noch immer keine Angebote für Jugendliche.
Das Brettldorf
Ein Stück stadteinwärts breitet sich ein anderes Gebiet aus, das bis in die 60er Jahren existieren wird. Das Brettldorf. Hier haben die Ärmsten der Armen auf Pachtgründen Bretterhütten zusammengebaut und hausen dort seit den 20er Jahren. Sie haben kein fliessendes Wasser und kaum mehr als ein Dach über den Kopf. Hier wohnen in ca. 370 Hütten über 1000 Menschen und kämpfen gegen die Delegierung. Solche Siedlungen gibt es in Wien viele. Aber alle werden nach und legalisiert und zu Eigenheimen umgewandelt. Nur das Bretterdorf wird abgerissen und die Bewohner vertrieben.
2022 sieht es schon anders aus. Die Siedlungen am Rande von Wien sind an die U-Bahn angeschlossen. Es stehen große schöne Bäume in den Höfen und die Bewohner sind großteils, wie auch damals schon, glücklich hier zu wohnen. Nicht alles war damals schlecht – und vieles ist besser geworden. Denn Dinge können ganz einfach mit der Zeit besser werden.
Die Reichsbrücke
Das trifft auf die Kronprinz Rudolfsbrücke nicht zu. Sie fängt nach wenigen Jahrzehnten an zu bröckeln und wird von Dollfuss neu geplant. Als ein Prestigeprojekt des Austrofaschismus. Sie soll das Bürgertum mit der Arbeiterschaft verbinden. In seinem Sinn braucht es dazu keine Interessensvertretungen. Man solle einfach gut zusammenarbeiten. Unter dem Leitbild des Bürgerlich geführten Staates. Nur zwei Wochen davor läßt er von der Floridsdorfer Brücke aus auf die Gemeindebauten schießen.
Doch auch diese Brücke wird nicht alt werden. in den 70ern rächt sich das minderwertige Beton, mit dem die Brücke erbaut wurde. Nicht desto trotz fangen sofort die Verschwörungstheorien an die Runde zu machen. Warum bricht sie ab, just wenn kaum Menschen auf der Brücke gefahren, keine Last und doch zu viel. Die dritte Reichsbrücke soll modern und freundlich gebaut werden und eine neue Brücke zwischen alte und neue Zeiten sein,
Regie: Patrice Fuchs.