Ein Tag in Wien

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Heute in Wien beobachtet: Lieferant zieht einen Kühlschrank auf einem Palettenwagen hinter sich her. Nicht ungewöhnlich. Eigentlich. Kühlschrank ist 2 Meter hoch, verpackt, und steht aufrecht auf der Palette. Ich denke: Ob das so lässig geht? Das Wagerl braucht ja nur unglücklich über eine kleine Unebenheit auf der Straße zu fahren und dann kippt der Kühlschrank. Aber es kommt anders: Der Lieferant kommt zu einem Bordstein überlegt kurz, wie er das Wagerl rauf auf den Gehsteig kriegen kann und zaht dann das Wagerl kurzentschlossen einfach drüber. Der Kühlschrank kippt natürlich und kracht auf die Strasse. Der Lieferant wirkt emotional vollkommen unbeteiligt und stellt den Kühlschrank einfach genau so wieder auf die Palette und spaziert weiter. Summertime, and the living is easy…

jause

Meine Eltern kamen easy auf Besuch in den Laden heute und brachten Kuchen und Jogurteis. Ein Mann kaufte währenddessen drei alte Bücher von mir und schenkte mir dafür zwei.

Auch beobachtet: Mit dem Bankenwesen geht es bergab. Aber sie bleiben ihrem Metier trotz Umstrukturierungen treu: Aus der Raiffeisenfiliale auf der Reinprechtsstrasse ist ein 1 Eruo Shop geworden.

wien

Micke übt sich im easy sommerlich rüberkommen

kinder großzügig

Unsere Kleine übt sich in Großmut. Von ihrem Kuchen will sie was abtreten. Das große Stück ist für sie und das eine kleine Stück für Micke und das zweite kleine Stück für Fritzi. Das sagt sie laut und deutlich und sieht dabei bestimmt und mild zugleich aus. 

Eine weitere Beobachtung: Im Billa sitzt ein Kassier, der beim Reden kaum den Mund aufmacht und scheinbar nur widerwillig die wichtigsten Floskeln von sich gibt: „Schön Abn.“ oder: „Kundnkarde?“ Keine Regung im wenig hübschen Gesicht. Was aber wirklich interessant war: Alle, alle in der Schlange waren extrem freundlich zu ihm. „Ich wünsche Ihnen einen richtigen guten Abend!“ sagten sie zu ihm. Oder:“Danke noch einmal und eine tolle Woche noch!“ Die Frau vor mir, eine fesche blonde Vollschlanke, sagte ihm sogar mit Begeisterung in der Stimme, dass sein T-Shirt so cool sei (da ist ein South Park Comic oder so drauf)…Darauf kam von ihm ein unbeteiligtes murmelndes Grunzen. Ich stehe da uns beobachte die Szenerie und verstehe gar nichts.

sommer

Beim besten Burger der Stadt waren wir noch immer nicht, weil die immer ausgebucht sind. Statt dessen wieder einmal beim Vietnamesen in der Seidengasse Ecke Schottenfeld. Immer noch skurril und gut und preiswert.

Noch eine Beobachtung aus dem Hartlauer heute: Ich und Micke sind die ersten KundInnen des Tages. Eine ältere Frau kommt einige Minuten später und stellt sich knapp hinter mir und stöhnt. Sie stöhnt sofort los. Sie stöhnt weil sie ENDLICH bedient werden will. Sie platzt auch mitten ins Gespräch von mir und dem Verkäufer: „Sind Sie hier der einzige Verkäufer?“ Er antwortet: „Mein Kollege kommt gleich.“ Daraufhin sagt sie: „Ich bin extra früh gekommen, damit nicht so viel los ist.“ Darauf ich scheinheilig (die ich ja der Grund ihres Ärgers bin, weil ich verhindere, dass sie sofort bedient wird): „Ja eh, aber es ist ja auch nicht viel los hier.“ Worauf sie: „Das hilft mir ja nichts, so lang nur eine Person vor mir ist.“ Dann stöhnt sie weiter. Als sie wenige Sekunden später ENDLICH bedient wird, stellt sich natürlich heraus, dass sie natürlich gar nichts kaufen will, sondern jemanden braucht, der ihr ein paar Namen einspeichert und das Telefon einstellt. Wahrscheinlich sind ihre Enkel genau solche Krätzen wie sie.

Das gefällt mir an Wien – wenn die Unfreundlichkeit zur Kunstform wird. Wenn dann richtig. Oder wie Aretha Franklin sagen würde: Get it right.

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About Author

Patrice Fuchs ist 41 Jahre alt, betreibt in Wien ein Umstandsmoden- und ein Designgeschäft, eine Zeitung "Familie Rockt", eine Fernsehshow "Familie Rockt TV", dreht Dokumentationen und unterhält dieses Elternblogportal. Aja und Mama von drei Gschropen ist sie auch.

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