Schreien Sie Ihr Kind nicht an, Ihr Kind schreit Sie an

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Jetzt hab ich endlich auch den Huffington Post Artikel übers Kinder Anschreien gelesen http://www.huffingtonpost.de/rachel-macy-stafford/was-sie-wissen-sollten-be_b_4588626.html, der schon längere Zeit auf facebook (hauptsächlich von Frauen) geteilt wird. Bisher hab ich mich ja vorm Anklicken gedrückt. Aus Angst vor zu viel Wiedererkennungswert, aus Angst vor völlig neuen Erkenntnissen. Aber dann klick ich ihn doch an.

Ich klick ihn an dem Tag an, an dem ich das jüngste Kind schon in der Früh das erste Mal angeschrien hab. Das nächste Mal um 11:00 am Buffettisch von Opas 60er Party. Das Kind will jede der 15 Torten kosten bevor sie sich für eine entscheidet, das Kind zupft deshalb an meinem schicken Kleid, das Kind zieht mir mein schickes Kleid in die Höh, das Kind kreischt mich mit ihrer Mausi Stimmer nieder, der Vater vom Kind steht irgendwo mit irgendeinem anderen Vater und trinkt Bier…

…das letzte Mal an diesem Tag schrei ich die Kinder um 20:00 an. Die Kinder liegen in ihren Betten, ich lieg vorm TV, D kommt vom Geschichte vorlesen und sagt, du sollst bitte noch kurz zu Ihnen rauf gehen. Ich bin eine liebe Mama, geh hinauf Gute Nacht Bussi geben. Oben kreischen Sie mich an, dass sie nicht Ponyfee hören wollen, sondern die Milchpiraten (Tipp!), sie wollen noch was trinken, das jüngste Kind findet ihr Nachtlicht nicht und such das jetzt! Ich bin genervt, es gibt Tage da bin ich cool, da tu ich diese Dinge ohne mich darüber aufzuregen, dass man sich um diese Dinge nicht vorm Licht abdrehen kümmern kann. Und es gibt Tage da bin ich nicht cool, da flipp ich völlig aus und brüll, dass das jetzt aber nicht ihr Ernst ist. An solchen Tagen muss dann der Vater kommen, und fragen warum ich so brüll, und ich muss sagen weil es mich so nervt, wenn ma sich um die Dinge nicht vorher… es ist kein schöner Moment.

Und genau an diesem Abend klick ich dann doch den Huff Post Artikel, wahrscheinlich zart schlechtes Gewissen. Und dann, dann erzählt hier eine Mutter von ihrem Mutter Alltag, worüber sie sich aufregt, was sie zum Schreien bringt und was daran schuld ist das sie soviel schreit. Und ich les den Artikel fertig und muss lachen, weil Schatzi denk ich so bei mir, vor diesem Artikel hast du dich gefürchtet, lieb.

Die Mutter schreit ihre Kinder wegen klassischen Anschreidinge an (Reispackerl fällt auf den Boden), schuld an ihrer Schreierei ist ihr Handy und die viele Arbeit, ein 2 Erziehungsberechtigter (Vater, Mutter 2, etc.) kommt in diesem Artikel nicht vor, dafür sagt uns die Autorin das jeder Tag ein neuer Tag ist. Danke Wiederschauen, und ich will schon wieder auf die Seite für schicke skandinavische Sideboards gehen, aber dann denk ich doch noch ein bisserl über den Artikel nach.

Die Autorin beschreibt darin auch die Reaktion ihre Töchter, die sich mit angstgeweiteten Augen auf Schimpftiraden vorbereiten, wenn sie zb. gerade ein Packerl Reis verschüttet haben. Und ich denk darüber nach wie meine Töchter auf Gebrülle reagieren, auf Anschreien, das manchmal passiert in einer Familie wo man sich gut kennt und sich wenig Sorgen machen muss, dass ab und zu herum Brüllen das ganze System in Frage stellt.

-Sie brüllen zurück, sie schreien, sie quietschen, sie kreischen, dass man gefälligst sofort aufhören soll zu brüllen, dass man blöd ist und uhumfeir. Sie können das genau so gut wie allerliebste Mausis sein. Sie brüllen mich an, sie brüllen ihren Vater an, nur bei der großen Schwester sind sie manchmal ein bissi zaghafter. Sie schreien, dass sie sich neuen Eltern suchen, wenn sie hier jetzt keiner tröstet, sie kreischen weil sie jetzt sofort Hungaaa oda Duaahasst haben oder weil die arge Mutter vergessen hat, die Büchereikarte ins Geldbörserl zu stecken, oder oder.

So ist das. Und Angst geweitete Augen hab ich im Zusammenhang mit meiner Brüllerei noch nicht gesehen, was ich gut find (denn natürlich meine ich das dort wo Kinder Angst vor ihren Erwachsenen haben, Handlungsbedarf besteht!) und mich andrererseits auch ein bissi an meiner Autorität zweifeln lasst, weil bin ich nicht immer ihre Chefin und ihr Vorbild gewesen? Naja, morgen ist auch noch ein Tag, gö.

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4 Kommentare

  1. die deutsche j on

    also, mein kind hat schon immer schreckgeweitete augen, wenn du ihn anschreist. das erste mal – erinnerst du dich? – kauerte er sich in eine ecke, ganz still, und du musstest du ihn mit viel schokolade ins leben zurücklocken… ich glaub er lernt aber grad das zurückschreien.

  2. als ich das letzte Mal ein „wenig“ lauter geworden bin, die übliche langweilige alles hinter sich Liegenlasskindgeschichte, schaut sie mich nur an und sagt „wenn du Stress in der Arbeit hast, dann ändere das und lass es nicht an mir aus, du kannst das auch ruhíg sagen´und wenn ich es dann nicht tue Konsequenzen ziehen, die werde ich dann akzeptieren“ Strike! Obwohl ich da erst recht ausrasten hätte können, soviel zum Thema Autorität und schreckgeweitete Augen.

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