Schottenmuster aus Wien

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Wisst ihr was ein Tartan ist? So nennt man ein Schottenmuster. Ich habe als Kind Tartans geliebt! Zum Schulanfang bekam ich einen dunkelgrün-schwarz gemusterten Schotten-Faltenrock und wollte ihn ab diesem Zeitpunkt jeden Tag tragen. Das konnte ich leider nicht durchsetzen. Aber er war oft in Verwendung. Komisch, dass man schon als Kind so retro sein kann. Beziehungsweise sich so auf einen bestimmten Look fixiert. Ich kann gar nicht sagen, was ich mit dem Muster verbunden habe. Aber es war was mit der Schlichtheit. Der Schottenrock sieht formell und trotzdem freundlich aus.

schottenmuster

Meine Freundin Dunja Schlehdorn und ihre Schwester Li sind mindestens genauso vernarrt Tartans. Sie kommen aus der Schweiz aber Dunja lebt in Wien und ist eine Meisterin im „Stimmung machen“. Musik, Wörter, Essen und Mode. Aus diesen Ingredenzien backt sie Zeitreisen und Lebensabenteuer. Sie nennt sich selbst eine Bohèmienne, Nomadin, Mary Poppins und Drachentöterin. Eine Märchenerzählerin für Erwachsene.

dunja schlehdorn

Jetzt hat sie mit ihrer Schwester ihre ersten zwei ganz eigenen Tartans geschaffen. Dazu haben sie ihre Favorittöne ausgesucht, sie zu einem eigenen Tartanmuster zusammengesetzt und dann in Schottland um Genehmigung angefragt. Denn diese wird nur dann erteilt, wenn ausser ihnen niemand genau dieses Design registriert hat.

schottenmuster

Ihr Label heißt Les Soeurs Nomades und ihre zwei Tartans haben sie „Rannoch Moor“ (oben) und „Skye“ (unten) genannt. Les Seours Nomaden schafft Mode für reisende AbenteuerInnen. Reisen mit Stil ist das Motto. Beziehungsweise abenteurern mit Stil.

Dunja, die Drachentöterin

Dunja Schlehdorn veranstaltet seit vielen Jahren historische Themenpartys. Sowohl die Mode als auch der Zeitgeist vergangener Epochen sollen festgehalten werden. Egal,ob russische Avantgarde oder die bahnbrechenden Reformkleider von Emilie Flöge. Für diese Anlässe nähen Dunja und auch ihr Freund Adriano selber die Kleider mit hohem Aufwand. Auch im Alltag und wenn sie nicht auf Reisen sind, bringen sie Glanz in den Moment. Ein kesser Hut, ein schönes Mantelreverse und die passende Handtasche.

Bei den meisten historischen Damenkleider geht Unmengen an Stoff drauf. Frauen haben früher ordentlich was zu schleppen gehabt. Mit oder ohne Schleppe. Es ist nicht zu unterschätzen, wie behindernd ein bodenlanger Rock oder Kleid ist. Was elegant aussehen mag, zerrt an der Statur. Es schoppt sich der Stoff rund um die Taille in vielen kleinen Falten. Dazu noch die komplizierte Unterwäsche mit Korsagen und die ausgestopften Puffärmel. Wohlhabende Frauen mussten sich außerdem jeden Tag komplizierte Frisuren machen. Man verwendete Pomade und Haarteile. Das heißt, auch am Kopf lag dadurch viel Gewicht. Jeder Spaziergang wurde so zu einer beschwerlichen Angelegenheit. Kein Wunder, dass die Frauen um 1910 fast wie im Rausch Fahrräder beschlagnahmten und zu turnen und schwimmen anfingen. Sie waren nicht zu halten. Sie wollten endlich ihre Beine spüren und Wind auf der Haut und die Leichtigkeit der Physionomie.

tartan

Dunja ist Realistin aber es lebt auch eine fast archetypische Abenteurerin in ihr. Frau in Bewegung, durch Raum und Zeit. Wenn sie reist, zieht es sie nach Schottland, wo sie der langsam untergehenden Sonne bei einem rauchigen Whiskey zusieht.

dunja

Aus allen Jahrzehnten hat sie verschiedenste Kleider in ihrem begehbaren Kleiderschrank gelagert. Sie liest natürlich auch viel über das Zusammenleben, die Alltagsgewohnheiten und die Werte von früher. So ist ihr aufgefallen, dass „Prächtigkeit“ im Mittelalter und im Barock für die oberen Schichten als Tugend galt. Wer sich „prächtig“ kleidete und eine prächtige Erscheinung war, galt also als tugendhaft. Wo heute Bescheidenheit und Zurückhaltung hochgehalten werden, galt es früher als besonders erstrebenswerte, sich bunt und schillernd zu geben.

Dunja und ihre Schwester wollen aus den Tartans auch eigene Kleider schneidern lassen. Anfangs wird es einen prächtigen Schal geben. Danach folgt ein Kostüm, dass man zu jeder Gelegenheit tragen kann, weil es praktisch aber auch elegant ist. Als nächstes wünschen sie sich simple elegante Kleider. Alle Teile werden aus echtem schottischen und irischem Tweed hergestellt werden. Ja, das wird nicht gerade billig. Wer geizig wie ein Schotte („Nur ein unwahres Klischee!“ ruft Dunja) ist, kann sich trotzdem freuen, denn die Kleider werden aus bester Qualität und stilistisch zeitlos sein. Das sind Kleider für Generationen.

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