Darf das Wort `Neger´ in Christine Nöstlingers oder Astrid Lindgrens Bücher drinnen bleiben? Nöstlinger meint ja.
Man soll es aber mit einer Fussnote versehen und erklären, dass `Neger´ vor 50 Jahren ein normaler Ausdruck war. Das reiche.
In Erwachsenenliteratur werde ja auch nicht rumgepanscht. Naja. Bevor ein Buch überhaupt in Druck geht, panscht mal das Lektorat ordentlich darin herum. Egal ob es sich um Kinder- oder Erwachsenenliteratur handelt. Manchmal ziemlich radikal. Warum sollte es nach dem Druck dann plötzlich ein großer Skandal sein, wenn man ein Wort austauscht? Auch in Erwachsenenbücher kann man in Neuauflagen dieses Wort streichen, wenn es nur deswegen verwendet wurde, weil es damals ein `normales Wort´ war. Es muss nicht immer alles bewahrt werden, wie es ist. Das ist eine reaktionäre Denke.
Die Schweden haben nicht lange gefackelt. Bei Lindgren wurde bereits gepanscht. Der `Negerkönig´ wurde in `Südseekönig´ abgeändert. Und, schlimm? Verliert das Werk Lindgrens nun an Zauber?
Führt der `Negerkönig´ zu mehr kritische Auseinandersetzung?
Das Wort `Neger´ hat heute seine Bedeutung verändert und steht für etwas anderes als damals, als es von den Autorinnen verwendet wurden. Die Gesinnung der AutorInnen war keine rassistische. Das Wort ist heute aber rassistisch konnotiert. Trotzdem soll es weiterhin stehen bleiben. Warum. Weil `sich die Gesinnung nicht ändert, wenn man das Wort austauscht´sagen viele. Auch Christine Nöstlinger. Was meint man damit? Dass RassistInnen RassistInnen bleiben, auch wenn sie nicht `Neger´ sagen? Ja sicher. Aber werden sie weniger rassistisch wenn das Wort bleibt?
Nein, aber die Befürworter argumentieren weiter: Wenn das Wort aus den Büchern verschwindet, wenn einfach nur das Label ausgetauscht wird, dann brodelts unterisch weiter. Dann passiert keine Auseinandersetzung mit dem Thema Rassismus. Wenn das Wort drinnen bleibt, würde das Kinderbuch also eine weitere Metaebene erhalten, die für die Erziehung unserer Kinder von Vorteil wäre. Es würde im Elternhaus über Rassismus gesprochen. Außer bei den RassistInnen vielleicht. Die würden sich einfach freuen, daheim ein Wort verwenden zu können, das Menschen mit anderer Haustfarbe abwertet.
Wie fühlst du dich, wenn man dich `Neger´ nennt?
Jene Eltern, die sich mit ihren Kindern über das Wort `Neger´ kritisch auseinandersetzen, können das auch ohne einen `Negerkönig´. Das Wort kommt einem im Alltag leider oft genug entgegen und muss nicht scheinbar harmlos aber deplatziert in einer Kindergeschichte vorkommen um einen Anlaß für Rassismuskritik zu bieten.
Und was aber scheinbar niemand bedenkt: Wenn du daheim oder in der Schule ein Kinderbuch vorliest, in dem das Wort `Neger´ vorkommt, und ein Kind dir dabei zuhört, das vielleicht tatsächlich von dummen und/oder rassistischen Menschen `Neger´ genannt wird, ist das für das Kind verletzend, stört den Erzählstrom der Geschichte und ist auch mit viel Herumerklären nicht gut zu kitten.
Die meisten Leute gehen scheinbar davon aus, dass nur weiße Kinder Nöstlinger und Lindgren lesen und von ihren Eltern über Nöstlingers Texte und dem Wort `Neger´ leichtfüßig nebenbei über den Rassismus der anderen aufgeklärt werden können. Was sag´ ich aber einem dunkelhäutigem Kind?
„Du mußt dich nicht kränken. Die Nöstlinger hat das nicht böse gemeint. Damals war `Neger´ein ganz normales Wort. Nur in diesem Buch laßt man es drinnen, weil man ja nicht in Nöstlingers Werk einfach so rumpfuschen kann. Das verstehst du, oder?“
Oder: „Damals haben die Menschen noch `Neger´ gesagt. Heute ist `Neger´ ein Schimpfwort. In diesem Buch hat man es drinnen gelassen, damit wir jetzt zwischendurch über Rassismus reden können. Wie fühlst du dich, wenn man dich Neger nennt?“
Kritik an unsere Übermütter?
Nur weil wir Christine Nöstlingers und Astrid Lindgrens Werk so sehr lieben, brauchen wir doch keine Panik kriegen, wenn ein unzeitgemäßes Wort aus ihren Werken gestrichen wird. Und nur weil ein mittlerweile rassistisches Wort aus ihren Büchern gestrichen wird, werden die AutorInnen deswegen nicht unter Rassismusverdacht gestellt. Scheinbar hat man Angst, mit dem Streichen, würde ein Schuldeingeständnis mitgeliefert. Solange das Wort drinnen stehen bleiben darf, ist quasi der Leumund der beiden Damen intakt.
Aber nur weil das Wort in den Büchern der zwei tollsten KinderbuchautorInnen aller Zeiten vorkommt, verliert es nicht seine rassistische Konnotation. Und darauf kann man reagieren. Heute würden sie das Wort ja keinesfalls mehr verwenden. Auch sie sind (waren) Kinder ihrer Zeit und können dazulernen.
Familie Rockt ist ein Elternmagazin und Elternblog – Portal. Das Magazin erscheint alle zwei Monate und bietet nette Artikel für Mütter und Väter und solche die es werden wollen. Auf www.familierockt.com können Eltern über ihr Leben mit Kindern bloggen.
3 Kommentare
sprache an sich teilt keine werte zu. das entstammt lediglich kranken gehirnen. Kein starkpgmentierter wir deshalb urplötzlich geliebt, weil „man“ nicht mehr „neger“ zu diesem neger sagt! zu unserem erscheinungsbild gehört vieles nicht, was anderswo als „normal“ gelten mag. die suggestion, dass nun einmal kopftücher, burka und schwarze zu underem ganz normalen erscheinungsbild zählen ist schlechthin unrichtig. oder glaubt hier jemand, dass ein ach so schrecklich weißer in afrika nicht auffiele. es ist ein grober fehler, die staatsbürgerschaft nach dem geburtsort zu definieren. integration gibt es de facto nicht, wie uns täglich berichtet wird. die bloß sprachliche, daher a priori dümmliche neugestaltung ändert daran nichts. klüger wäre, falsche suggestionen wie z.b. die effektiv ständig falsch verstandene „offenheit“ zu vermeiden. toleranz hat nach wie vor nur ein „l“!
Je emanzipierter und demokratischer ein Staat ausgerichtet ist, desto höher ist auch der allgemeine Wohlstand im Land.
hi patrice, woher willst den wissen, dass das rassistisch konnotiert ist? etymologisch kommts vom lateinischen niger, das hieße eigentlich nur schwarz. diese ganzen grapsch und kinderbücher debatten lenken nur vom WIRTSCHAFTSPolitischen Versagen ab. dieser kulturalismus ist teil der Verarsche. Kostet ja nix, über sowas zu reden, während immer mehr LEUTE VERARMEN in Europa. Abe das ist der neuen linken ja sowas von wurscht.