Familienzusammenhalt und Rücksichtnahme auf seinen Nächsten. Wie lerne ich meinem Kind Verantwortung zu übernehmen?
„Hallo! ICH soll die Geschirrspülmaschine ausräumen? Ich hab doch schon den Mist runtergetragen!“ „Ja das hast du. Und zwar GESTERN.“ Wenn es um die Hausarbeit geht, ist der Hausfrieden in Gefahr. Nicht nur Frauen und Männer streiten sich um den Abwasch – auch zwischen Erwachsenen und Kindern kann das Thema schwere Irritationen hervorrufen. Außer man befreit sie von der Hausarbeit und macht alles selbst. Wer aber nicht zum Butler der eigenen Kinder werden will, muss sich ein paar Tricks überlegen.
1. Sei ehrlich zu dir selber
Warum willst du, dass die Kinder mithelfen? Brauchst du ihre Arbeitskraft oder willst du, dass aus ihnen selbstständige verantwortungsbewußte Erwachsene werden? Diese Frage entscheidet darüber, wie du das Problem hantierst. Brauchst du die Arbeitskraft deiner Kinder, wirst du sie locken, erpressen, bestechen, schimpfen und betteln. Willst du ihren inneren Antrieb stärken, wirst du versuchen sie auf längere Sicht zu motivieren. Aber im Endeffekt wirst du sie trotzdem immer wieder mal bestechen und erpressen müssen, um sie zum Mithelfen zu motivieren. Aber das macht nichts. Das gehört zum Elternsein dazu. Aber es sollte immer klar sein, dass du dir was dabei denkst, wenn du sie zum Mithelfen verpflichtest. Du machst es nicht nur, weil du selber zu faul bist. Du musst argumentieren können, warum Mithelfen wichtig ist.
2. Genau deswegen weil…
…jeder Mensch eine Antwort auf die Frage braucht, warum gerade sie sich anstrengen sollen. Und die Antwort lautet: Weil ihr eine gerechte und solidarische Familie seid, in der alle wichtig sind, alle mithelfen und alle gebraucht werden. Außerdem gehört der Haushalt zu den wichtigsten Alltagskompetenzen und es ist unsere Aufgabe unsere Kinder fit fürs Leben zu machen. Wenn sie nicht lernen jeden Tag was im Haushalt zu machen, ohne viel zu diskutieren, werden ihnen diese Aufgaben das ganze Leben lang unangenehm sein und sie werden sie in ihrer Mühsal überbewerten.
3. Den Trigger finden
Jeder Mensch braucht auch eine Antwort auf die Frage: „What’s in it for me?“ Doch das bedeutet nicht, dass ein Kind eine Belohnung dafür braucht, dass es den Tisch abgeräumt hat. Es reicht, dass sie die Freude erleben dürfen, etwas Langweiliges oder Anstrengendes bewerkstelligt und damit bewältigt zu haben. Die Arbeit ist geschafft. Dazu ist es wichtig, dass sie die Aufgabe von Anfang bis zum Ende erledigen. Und wenn sie erledigt ist: Spar nicht mit Lob.
4. Gib den inneren Kontroll-Freak auf
Wer immer angekeppelt und ausgebessert wird, hat keine Freude am Arbeiten. Im Gegenteil: Kinder gewöhnen sich daran, angekeppelt und kritisiert zu werden. Denn auch das ist eine Form von Aufmerksamkeit und kann zum Trigger werden. Wer als „hoffnungsloser Fall“ gesehen wird, wird zumindest irgendwie gesehen. Altersgemäße konstruktive Kritik und ein wenig Freiraum fürs Fehlermachen und einem „eigenen Stil“ sind angebracht. Ist es wirklich so schlimm, wenn die Zuckerdose neben dem Reis statt dem Olivenöl steht?
5. Aufgeschoben ist nicht…
Wie man Verantwortung übernimmt und auf lange Sicht plant ist nicht von Anfang an in uns drinnen, sondern muss erlernt werden. Wir sind darauf programmiert im Hier und Jetzt zu agieren. Kinder müssen daher erst lernen, dass es leichter ist, Kleinigkeiten gleich wegzuräumen, als ein paar Wochen später das ganze Zimmer in Angriff zu nehmen. Aus eigener Erfahrung lernt es sich immer besser als in der Theorie.
6. Kleine Schritte
Die Kinder zur Mitarbeit zu motivieren, schafft man nicht von 0 auf 100 in zwei Wochen. Es dauert und daher muss man ihnen schrittweise mehr und mehr Verantwortung überlassen. Es ist aber leichter viel leicht, wenn man anfängt, wenn sie klein sind, als mit 15.
7. Das beste Rezept: Konsequenz
Es ist das mühsamste und unerfreulichste an der Erziehung, aber gleichzeitig der Schlüssel zu vielen Problemlösungen: Die Konsequenz. Man wird in erster Linie dafür nicht geliebt und heimst auch nicht sofort „Erfolge“ ein. Sehr betrüblich. Aber in „zweiter Konsequenz“ kriegt man viel zurück und der Familienzusammenhalt wird gestärkt. Kinder, die nicht mithelfen wollen, finden 100 Wege um davonzukommen. Doch aufzugeben und an ihrer statt zu putzen ist die aller einfachste Lösung. Viel mühsamer ist es, darauf zu bestehen, dass der Abwasch erledigt wird – noch dazu ohne Belohnung. Aber wer konsequent ist, wird schon sehr bald eine Verbesserung erleben und kann dann auch stolz auf sich sein. Genauso wie die Kinder stolz sein werden, die Abwasch gut gemacht zu haben.
8. Vorbild sein
Wer behauptet, eine solidarische Familie zu sein, muss das auch selbst wirklich leben. Beide Erwachsene müssen daher an einem Strang ziehen und beide Erwachsene müssen das Klo putzen, abwaschen und den Mist runter tragen.
9. Drück dich deutlich aus
Wenn du willst, dass deine Kinder die Hausarbeiten richtig machen, dann mußt du dir auch die Zeit nehmen, sie richtig zu instruieren. Das kann manchmal mühsam sein, aber Kinder lieben es Neues dazuzulernen und es ist viel lustiger eine Aufgabe zu erledigen, wenn man sich darin kompetent fühlt. Das fängt bei der Frage an: Wie leere ich den Mistkübel aus, ohne dass der halbe Mist am Boden landet? – bis hin zu: Wie putze ich Schuhe richtig?
10. Gehe auf ihre Interessen ein
Was machen die Kinder gerne? Ein Teenager ist praktisch dauerhungrig. Also könnte es lernen ein gutes Frühstück für die ganze Familie zu machen. Ein anderes Geschwisterchen mag kleine Kinder gerne? Dann soll es die Kleineren vom Kindergarten abholen. Ein anderes, mag Strukturspiele? Dann kann es vielleicht die Badewanne putzen und die Flaschen und Seifen in eine neue Ordnung bringen. Ein anderes geht gerne trainieren? Dann kann es den Rasen mähen und hat schon vorgeschwitzt.
11. Versuche Strafen und Belohungen zu vermeiden
Jedes Kind kann eine Freude am Mithelfen entwickeln – auch ohne bestraft oder belohnt zu werden. Im Familienverbund einen Teil der Hausarbeit zu erledigen, sollte normal, und nicht nur mit großen Extra-Boni durchzusetzen sein. Und wenn du Strafen ansetzt, müssen die auch eingehalten werden. Fernsehverbot? Dann gibt es auch keinen gemeinsamen Kuschelabend mit dem neuen Pixarfilm. Das tut nicht nur den Kindern weh. Statt dessen können die Kinder mit Tee und Schoko und einem guten Buch ins Bett geschickt werden. Eine gute Chance ihnen beizubringen, dass auch ein ruhiger Leseabend schöner ist, als man denkt. Aber wenn du beim nächsten Mal wieder androhst, dass der Fernsehabend gestrichen wird, werden sie dich ernst nehmen.
12. Schmeiß‘ eine Putzparty
Gemeinsam putzen, räumen, ordnen und dekorieren macht viel mehr Spass. Die Kinder dürfen dabei ihre Lieblingsmusik hören. Es wird geplaudert und zwischendurch mal getanzt und gesungen. Kaffee und Säfte getrunken. Man sorgt dafür, dass eine gute Stimmung herrscht. Beispielsweise kann man jeden Samstag Vormittag eine gemeinsame Putzparty einlegen, bevor die Familie gemeinsam was unternimmt. Die Kinder kriegen nacheinander Aufgaben, die bewältigbar sind und werden zwischendurch immer wieder aufgemuntert. Du wirst sehen, die Kinder kippen voll rein aufs Aufräumen. Und am Ende sind alle stolz darauf das die Wohnung wieder nett aussieht.
5 Kommentare
Kinder sind heutzutage wirklich pfifig. Es erinnert mich mehr und mehr an einen Kampf. Man muss sich ja als Elternteil quasi immer forbilden um die neuesten Taktiken zu erlernen um Kinder zu erziehen.
Sehr motivierend geschrieben, vielen Dank dafür. Langsam heranführen, jeden noch so kleinen Fetzen Mitarbeit loben… So und so ähnlich gehen wir die Mitarbeit im Haushalt und letztlich die Erziehung zur Verantwortung an. Wir werden sehen, ob’s klappt.
Ich finde den ersten Aspekt aus mehreren Gründen sehr gut. Aber vor allem regt er dazu an, mal zu wissen was man will. Das ist schon fast so wie Kant und das heraustreten aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit, in die man dann sogar noch andere (seine Kinder) mit hineinpresst. Ein leichter Weg ist es allerdings auch nicht.
„immer ich!“ ich kanns immer hören. und es kränkt mich ehrlich gesagt, wenn es sie nüsse interessiert mich zu unterstüzen. ich hab das auch immer als unterstüzung und mithilfe gesehen, die sie mir zuliebe machen sollen. aber das ist natürlich falsch. sie sollen einfach ihren teil übernehmen. ganz nüchtern. ich glaub ich muss ein grundsatzgespräch mit ihnen führen…
YES! Super Artikel!