Erste Frage: Warum nur die besten englischsprachige Podcasts?
Weil 2015 das bereits viel ältere Phänomen „Blogs“ Österreich und Deutschland noch immer nicht erreicht hat. Ja, es gibt ein paar Blogs, aber 1.) im Verhältnis zur Einwohnerzahl nicht viele und 2.) sind die meisten qualitativ unter jeder Kritik. Es ist leider so. In den postfaschistischen Ländern Deutschland und Österreich sind die einfachen BürgerInnen immer noch sehr angepasst und gehorsam und trauen sich nicht eine eigene Meinung zu haben und einen eigenen Geschmack auszubilden. Sich in die erste Reihe zu stellen, traut sich in der Regel nur, wer zur Elite gehört (mit der Elite sind jene Menschen gemeint, die besonders privilegiert sind und in guten Positionen sitzen. Nicht unbedingt jene die über elitäre Talente und Fähigkeiten verfügen).
Zweite Frage: Wie lange wird es also dauern, bis es im deutschsprachigen Raum eine nennenswerte Podcasts – Szene geben wird?
Ein großes Problem, das wir haben: Wir können kein Englisch. Leider kommen alle großartigen BürgerInnenbewegungen und Kulturleistungen der letzten 70 Jahre aus den USA (und bissi was aus England und Schweden). Ob Vegetarismus, Akzeptanz von Homosexualität, die Soziale Bewegung der 10er Jahre, Hippies, freies internet, Internet, Pixar, Popmusik, Soul und Disko, Feminismus, Pilates, Breite Anerkennung von Hanf als Medizin, Mindfulness, Ted Talks, Bio-Essen, Passivhäuser, Hybridautos, Low Carb, anspruchsvolle Serien, Queer Theory, Tierschutz, Sience Fiction, Blogs etc. Die EuropäerInnen übernehmen seit vielen Jahrzehnten brav was aus den Staaten kommt, schlafen eine Nacht drüber und denken am nächsten Morgen, das sei alles ihre Idee gewesen. Doch selber haben in den letzten 70 Jahren kaum eigene gesellschaftspolitische Bewegungen initiiert oder Popularkultur erschaffen.
Aja, doch. Eine Kulturleistung konnten sie der Welt servieren und mit dieser schafften sie es tatsächlich die Musikproduzentenstudios von der Eastcost bis zur Westcoast zu unterwandern und unseren tiefkulturellen musikalischen Anspruch in die Plastikwelt der USA zu transportieren um dort aufgegriffen zu werden und mit amerikanischer Elegance wieder in die europäischen Tanzpaläste zurückleveriert zu werden: Der Euro-Dance.
Und da wir kein Englisch können, verstehen wir auch nicht, was die Amis drüben so vor haben. Wir schicken hin und wieder einen Aussenminister mit einpaar selbstüberschätzenden FunktionärInnen ins Silicon Valley, wo sie ein paar Inputreferaten von intelligenten ManagerInnen lauschen und einen Kaffee mit ein paar ExilösterreicherInnen trinken. Dann fliegen sie zurück und meinen, sie würden den Spirit vom Silicon Valley im Gepäck mit ins Alpenreich mitnehmen. Sie wissen nicht, dass ihnen 70 Jahre Entwicklungshistorie in Popularkultur fehlen, um überhaupt zu verstehen, wie es jemals zu einem Silicon Valley kommen konnte.
Ist das nicht Robert de Niro?
In Österreich und Deutschland wachsen die Kinder noch heute mit synchronisierten Filmen auf. Auch „aufgeschlossene Eltern“ würden ihren Kindern nie „antun“, einen Film in Original mit Untertitel anschauen zu müssen. Eine Hand voll Synchronstimmen verhunzen also seit vielen Jahrzehnten alle Filme und Serien, die unsere Eltern, wir und unsere Kinder sehen. Sie bemühen sich sicher, aber wer einmal Original gesehen hat, versteht: Die halbe Schauspielleistung liegt in der Stimme und diese hohe Kunst wurde bei uns nicht raffiniert ausgearbeitet. Weder bei den Synchronsprechern, noch bei 90% der hiesigen SchauspielerInnen. Am Schlimmsten ist es beim Theater. Jedes Gefühl wird a la Konserve mit der selben Tonation gebracht. Ob Wut, Verzweiflung oder Freude. Immer mit einem leicht fragenden, verlorenem Ton gegen Ende des Satzes. Unerträglich. Wer auf der Bühne strahlen will, braucht nur diese Facette abzulegen. Aber egal. Wir wollten hier nicht die Bühnenwelt demontieren, sondern erklären, warum es so wichtig wäre, dass wir und unsere Kinder gut Englisch sprechen. Wir brauchen Input von Aussen. In den letzten Jahrzehnten waren es die Amis, die vor allem Input gebracht haben. Und wer kein Ami war und Input gebracht hat, hat den Input in Englisch gebracht.
Fazit: Wir verstehen kein Englisch und haben daher trotz Internet keine offene Tür zu dessen wahren unzählbaren Möglichkeiten und Inputs. Und so gehen immer noch die Mehrzahl der Internetinnovationen an uns vorbei. Mehr Podcasts würde unserer Kultur gut tun!
Wie die Elite uns kaputt macht
Am Schlimmsten sind die JournalistInnen. Die sehen sich als die Träger des kulturellen Gewissens der alten Welt. Und sie gehören wirklich der alten Welt an. Sie kennen sich mit Johan Strauß und der Strudelhofstiege aus und stolpern irgendwann, ein Jahre nach der Veröffentlichung der letzten Staffel, über „Mad man“ und entdecken danach die Sopranos und vielleicht sogar True Detektiv. Alsdann schreiben sie über die „besten Serien 2015″ und man denkt sich: “ Komisch, das habe ich doch alles schon 2013 gesehen? Manches sogar schon 2011???“ Sie entdecken einen neuen Kontinent, der vom Rest der Welt bereits längst ausgeforscht wurde. JournalistInnen sollten sich spezialisieren, damit sie uns Neuigkeiten darbringen können. Neuigkeiten aus der Politik, aus der Kultur, aus der Popularkultur. Podcasts sind Popularkultur und Bildungskultur. Warum also machen JournalistInnen nicht ihren Job?
Es wird schon ein paar gute deutschsprachige Pods geben, irgendwo. Ich such sie euch gerne mal zusammen. Aber fangen wir mal mit den besten Pods der Pioniere der Podszene an.
Übrigens podden viele PodcasterInnen regelmäßig vor Publikum. Ihre Fans sehen ihnen einfach gerne zu, wenn sie miteinander reden.
Tipp: Lasst euch nicht durch die Werbung irreführen, die oft am Begin des Podcasts ausgespielt wird. Nein, das gehört nicht zum Pod.
Wer bisher dachte, Alec Baldwin sei nur ein mittelmäßiger Serienschauspieler und Ehemann von Kim Basinger, kann sich eines besseren belehren lassen. Und ist es nicht wunderbar, wenn man was dazulernen kann? Alec Baldwin plaudert mit Stars wie Jimmy Fellon, Amy Schumer oder Edie Falco (für alle JournalistInnen: Die hat bei Sopranos mitgespielt) über ihre Kindheit, welche wichtige Entscheidungen sie im Leben getroffen haben und wie sie Probleme bewältigen. Wunderbares Hörfest für eine Joggingtour, Autofahrt oder ruhigen Abend mit einem Glas Wein.
Die JournalistInnen Stephen Metcalf, Dana Stevens och Julia Turner besprechen die kulturellen und popkulturellen Geschehnisse der letzten Woche – Film, Musik, Journalismus und Gerüchte.
Perfekt für Theorie-Nerds.
Die beiden schwedischen Profile Filip och Fredrik machen seit über 20 Jahren skurrile Unterhaltungsprogramme fürs Fernsehen. Im Kern geht es immer um Philanthropie. Wie kann man die unterschiedlichsten, verrücktesten Menschen auf liebevolle Art beschreiben und dabei auch noch viel Stoff zum Lachen abholen? Seit einigen Jahren plaudern sie einmal die Woche über Popkultur, das Leben, Drogen und ihre Beziehung zueinander und haben sich eine ungeheure große Fanschaft zugelegt. Sie reden sehr schnell und sind in ihrer eigenen Welt, in der sie darüber alles mögliche reden und alles bewerten. Zum Beispiel, wessen Neurosen eher zu verurteilen ist: Filips Angst „normal“ zu sein oder Fredrik‘s Angst vor Spinnen? Der eine sitzt in Stockholm und der andere in Los Angeles.
Vier Researcher sitzen zusammen und präsentieren interessante und skurrile Fakten, über die dann gemeinsam gesprochen wird. Mit viel Gelächter. Zum Beispiel: Die Gegend, aus der Lewis Carroll stammt (Autor von Alice in Wunderland) ist tatsächlich voller echter Löcher im Boden, in die man abrutschen kann. Eine Beobachtung, die nicht jeder macht.
Perfekt für Menschen, die gerne laut lachen und gleichzeitig spüren, dass sie ohne Mühe etwas dazulernen können.
Der Regisseur Kevin Smith und der Comedian Ralph Garman plaudern wöchentlich vor Puplikum über Neuigkeiten aus der Hollywood Entertainment-Branche. Viel Neues, verpackt in einem einzigen langen internem Schmäh.
Ein Pod das sich im Grenzland zwischen Wissenschaft und Philosphie bewegt. Sehr gut gestaltete Reportagen über Themen wie Mikroben oder Eiswagenkriege.
Für LiebhaberInnen von exklusive, raffiniert produzierte Radioprogramme über Wissenswerte aus der Popularwissenschaft.
Ein sehr netter Blog über unser menschliches Verhalten und wie unser Hirn arbeitet. Der Podder Shankar Vedantam legt uns aktulle Forschungsergebnisse auf eine humorvolle und „anschauliche“ (ja, es ist ein Po und kein TV-Format) Weise dar.
Sollten alle hören, die sich gerne vorführen lassen, wie manipulierbar der Mensch ist.
Dieser Blog erklärt uns, was hinter Folklore-Geschichten und Mythen liegt. Wie sind diese Phantasmen entstanden und wo finden wir ihre Stränge bis in unsere moderne Zeit weitergeführt? Warum glaubten die Menschen an Trolle und Hexen?
Der Blog wurde als bester Blog 2015 ausgezeichnet und eignet sich super um sich die Zeit auf lehrreiche Weise zu vertreiben.
Die Filmkritikerin und Schriftstellerin Karina Longworth setzt historische Begebenheiten in einen modernen Kontext. Besonders empfehlenswert: Die 12 Abschnitte, die sich um Charles Manson drehen. Aber auch die Geschichte von MGM oder Biographien von diversen Hollywoodstars werden fesselnd erzählt.
Tolle Wissensvertiefung durch Storytelling.
Dieser Pod ist mittlerweile Kult. Fans warten mit abgebissenen Nägeln auf die neuen Episoden. Es pro Staffel ein komplexer Mord aufgerollt und spannend alle Puzzleteile zusammengetragen. Derzeit wird der Fall Bowe Berghals aufgerollt, der 5 Jahre von den Taliban gefangen gehalten wurde.
Hörtipp für alle, die wüntschen, dass Homeland eine Dokumentation gewesen wäre.
Humoristischer Pod über das „typische“ amerikanisches Leben. Über JüdInnen, die in so jüdischen Vierteln leben, dass sie erst als Erwachsene verstehen, dass sie eine Minderheit stellen. Über Christen, deren enervierende Eltern ihnen jedes Jahr vorspielen, dass Santa dieses Jahr scheinbar nicht Zeit genug gehabt hat vorbeizukommen. Viele Scetches und nette Gespräche.
Die Reporterin Starlee Kine schlüpft in die Rolle der Privatdetektiven und löst, scheinbar triviale und banale Mysterien, die zu interessanten Unterhaltungen und Nebensträngen führen. Ist beispielsweise Jake Gyllenhaal groß oder klein? Diese Frage zu lösen, ist weit spektakulärer, als man denken könnte.
Was kann das Internet? Sind ÄrtzInnen durch das Internet ersetzbar? Was passiert, wenn man kritisch über eine Stromlieferanten twittert? Wie kann Instagram Depressiven helfen?
Der legendäre Chefredakteur des New Yorker, David Remnick, interviewt Profile wie Patti Smith oder Sofia Coppola oder interessante JournalistInnen. Die Gespräche werden mit Reportagen und Sketches aufgefettet. Wer sich für eine Stunde wie einE New YorkerIn fühlen will, braucht sich nur diesen Podcast runterzuladen.