am Bahnsteig Meidling, das erste Mal kommt das Kind alleine an und ich hole sie ab.
Da steht sie strahlend, stolz, aus Reflex will ich ihr den Koffer abnehmen, sie sagt nein, das gehöre zum Programm..Eine Schnittstelle zwischen Vergangenheit und Zukunft, wie oft habe ich Kinderwagen, Tragetasche, Windelvorräte zusammen mit ihr transportiert, gleich damals als sie 6 Wochen alt war.
Jetzt hier, genau hier eine Wende.
Ein paar Mal Schlafen und sie kommt hoffentlich daher zurück, wohin der Wind, Ihre Sehnsucht, Ihre Pläne sie treiben werden, New York, Tokio, Paris, auch ihre Frisur wird niemals sitzen, vielleicht aber auch aus St. Pölten, wer weiß das schon.
Ich freue mich, dass sie da ist und das wird sich niemals ändern.
Am Samstag dann ging sie nachmittags ins Kino und ich beschloss das Gleiche zu tun. An verschiedenen Schausplätzen natürlich.
Da die „Anonymen Romantiker“ nur noch in einem einzigen Kino in Wien gespielt werden, verschlug es mich im strömenden Regen ins Gloriette Kino und wie so oft, frage ich mich, warum habe ich das nicht schon viel eher entdeckt?
Ein Kleinod der Vergänglichkeit, ein Feuerwerk des Absurden, ein dem Aussterben getrotzes, 3D Kinoresistentes Biotop, dagegen ist das Bellariakino absoluter Mainstream.
Vor der Tür rauchen wir eine im strömendem Regen, beim Eintritt dann ins „Foyer“ frage ich mich angesichts des Kettenrauchenden Kartenverkäufers warum. Dieser versteht erst nicht ganz was wir wollen, klimpert mit den, seine Omar Sharif Augen umsäumenden, Wimpern, gibt uns die Karten und sagt, sie sind die Einzigen.
Ich kaufe mir ein Bier, verstaubt holt er es aus den Tiefen des brummenden den Namen verdienenden Eiskastens, er nimmt einen Hörer von der Wand und informiert den Filmvorführer, dass dieser nun especially for us, den Film starten soll.
Der Weg zum 5 Reihen umfassenden Saal führt durch Kiefernholzverkleidete Wände und rustikale Sitzgruppen, dazu seltsam irritierende, grünpink gelackte Altbautüren. Schon jetzt bin ich diesem Kino komplett verfallen,
der Film ist mir schon fast wurscht, obwohl er eh ganz entzückend ist, 2 Neurotiker verlieben sich, für meinen Geschmack allerdings einen Hauch zu schnell, bauen ein Schokoladeimperium und ab da wird ihr Leben zuckersüß sein..
Ich hingehen schwelge in meiner eigenen Story, teile in Rückblenden die Menschen ein, mit denen ich hier gerne gesessen wäre oder es genau jetzt tun würde, liebe Freundin du warst eine feine Begleitung, aber naja es ist halt eine Liebeskomödie und in meinem Fall, denke ich da an die männlichen Handlungsbegleiter meines Lebens.
Mit Einem undenkbar, wie hätte der sich aufgeregt und Preise verglichen mit Apollopopcornamiwelten…was habe ich mir bei dem nur gedacht, naja der Plot hat mir die Rechnung eh präsentiert,
Einer aber, mit dem wäre das einer der romantischten und gar nicht anonymen Abende gewesen, eine schöne Erinnerung, nunja er hat nun eine Dauerkarte für eine andere Vorstellung, das sei ihm gegönnt.
Für mich gilt aber, ob Freundschaft, Liebe oder was auch immer dazwischen, ich verbringe nur mehr freiwillig mit jemandem Zeit, den ich mit in dieses Kino nehmen würde.
Dann ist der Film vorbei, die Toilette ist skuril, eiskalt und fühlt sich an wie auf einer Skihütte eher in Tschechien, als im Zillertal,
zurück im Eingangsbereich studiere ich das Programm, im anderen Kinosaal wird Melancholia vom Van Trier Lars gegeben,
vor diesem Film habe ich ein bisschen Angst
im Gloriette Kino aber schau ich ihn mir an.
Liebe Einsame, Neu oder Altverliebte und liebe Kleinkindfamilien, also eigentlich liebe Alle,
schnappt euch einen Babysitter falls nötig,
lasst die Gewohnheit außer Acht, flieht vor der schicken Innenstadtlage,
wartet auf einen Schnürlregentag der Tropfend auf der Haut verbleibt, die Haare dampffeucht und taucht ein ins Gloriette
wenn dort kein Funke mehr aufkommt
dann ists wirklich vorbei.
ENDE
2 Kommentare
Was muss ich heute im Standard lesen.. Das Gloriette Kino wird dem nächst geschlossen. Wie gewonnen so zerronnen, am liebsten wurde ich eine Aktion starten, sollen doch andere Wale, Robben und schlecht frisierte Pudel retten
Macht lust sich mal wieder ins anachronistische dunkel zu verkriechen! Schöner beitrag!