Eine Dokumentation von Familie Rockt Media über die Geschichte des Aufzugs.
Manche Erfindungen verändern die Welt. Der Aufzug gehört definitiv zu diesen Innovationen. Mit dem Aufzug änderten sich die Wohnhäuser, die Industrie und die Städteplanung. Die Aufzüge eines Landes werden täglich intensiver genutzt, als die Stadtautobahnen.
Schon Maria Theresia war ein Aufzugs-Fan
Maria Theresia hat die ersten Personenaufzüge der Welt in der Hofburg und in Schönbrunn montiert. Sie fährt damit täglich zu ihren Liebsten. Sowohl ihr Mann als auch mehrere ihrer Kinder sterben früh und ruhen seither in der Kapuziner Gruft. Die etwas „festere“ Maria Theresia braucht daher eine Transporthilfe um bequem den Weg in den Untergrund antreten zu können.
Da aber Aufzüge zu ihrer Zeit noch simplen ungesicherten Flaschenzügen entsprechen, bleibt sie regelmässig im Schacht stecken. „Die Gruft will mich nicht mehr hergeben,“ soll sie bei einer dieser unerfreulichen Zwischenstopps gesagt haben.
Elisha Otis erfindet den ersten Personenaufzug
Vor allem Grubenarbeiter benutzen schon vor hunderten von Jahren einfache Aufzüge um in die Tiefe zu gelangen. Es passieren regelmässig Unfälle und viele sterben in schlecht gesicherten Aufzügen. Darum setzt sich der Aufzug lange Zeit nicht durch. Häuser werden bis Mitte des 19. Jahrhunderts nur 2-6 Stockwerke hoch gebaut.
Ganz oben wohnen nicht die Dachterrassenbesitzer wie heute, sondern die ganz armen Leute. Denn täglich Wasser und Brennholz raufzuschleppen, ist eine mühsame Aufgabe. Aber um 1860 wird durch Elisha Otis endlich die Fahrstuhlbremse erfunden. Eine recht einfache aber geniale Konstruktion hindert den Fahrstuhl daran herabzustürzen, wenn das Fallseil reißt. Gleichzeitig werden die Grundstückpreise in Manhattan immer teurer. Die Lösung ist natürlich in die Höhe zu bauen. Die ersten Hochhäuser entstehen auf Manhattan.
Manche sehen darin ein Möglichkeit sich selbst ein Denkmal zu setzen. Frank Woolworth zum Beispiel, der Supermarktbesitzer, gehört zu ihnen. Sein Woolworth Building ist ein Glanzstück der Moderne und einige Jahre bleibt es das höchste Haus der Welt. Gold und Prunk verschränken sich mit einer monströsen Fahrstuhlanlage, die mit Dampf betrieben wurde. Die originalen Otis-Motoren von damals sind übrigens noch heute im Einsatz.
Der Fahrstuhl erreicht den europäischen Kontinent
In Paris will man den Amerikanern nicht den ganzen Glanz überlassen. Der Eiffelturm soll den Fortschrittswillen der Grand Nation markieren. Leider ist die Konstruktion des Fahrstuhls nicht ganz so einfach und keine französische Firma bringt das Kunststück zusammen. Elisha Otis muss persönlich aus den USA eingeschifft werden. Die Herausforderung des Eiffel-Aufzugs: Er fährt erst vertikal und dann horizontal weiter.
Ein großer Schritt für ein kleines Land
Sehr bemüht ist man auch in Schweden um moderne Ingenieurskunst im öffentlichen Raum zu etablieren. Stockholm ist Ende des 19. Jahrhunderts das Armenhaus Europas. Es braucht Anknüpfungspunkte zum Fortschritt. Knut Ingemar Lindmark baut 1880 den höchsten öffentlichen Freiluft-Aufzug Europas. Die reichen Leut sollen mit diesem vom Hafen rauf auf die Klippe fahren können, wo das beliebte Södra Theater seine Besucher erwartet.
Auf diesem Aufzug wird um die Jahrhundertwende auch die erste bewegte elektrische Werbung montiert: Für eine Zahnpasta. Als der Aufzug in den 30ern erneuert wird, muss die leuchtende Zahnpastatube weichen. Sie bekommt aber einen Platz auf einem benachbarten Häuserdach, wo sie bis heute leuchtet. Sie wird die erste denkmalgeschützte Werbefläche sein.
Der Aufzug zieht am Ring ein
Bald wird es auch in Wien Standard in Wohnhäuser Aufzüge einzubauen. Auch Kaufhäuser werden mit Rolltreppen ausgestattet. In Österreich geht die Innovation aber etwas schleppend voran. Der Kaiser mag die moderne Technik nicht und findet, dass Aufzüge die Stiegenhäuser verschandeln.
Die „zweite Gesellschaft“, also die neureichen Industriellen, wollen ihre Häuser dennoch modern ausstatten. Das Haus der Industrie bekommt einen Pater Noster, der so spektakulär ist, dass ihn sogar Franz Josef höchstpersönlich eröffnet.
Die Bedienung eines Aufzugs ist kompliziert – technisch als auch sozial
Anfänglich müssen der Liftjunge oder der Hausmeister den Aufzug steuern. Dafür bekommt er ein Trinkgeld. Wenn er gerade ein Schläfchen macht, muss man zu Fuss gehen. Oft fährt er sogar mit in der Kabine und erfährt dabei allerhand Intimes, was bei ihm nicht immer in guten Händen ist.
Das Bürgertum ist zusätzlich vom Aufzugfahren irritiert, denn im Aufzug steht man Schulter an Schulter mit Menschen unter seinem Stand. Die hätte man auf der Straße nicht einmal gegrüßt.
Wieder andere fürchten sich vor der Fahrt, da man noch an die „Aufzugskrankheit“ glaubt, die einem befalle, wenn man festen Boden unter den Füßen verliert.
Sammlerobjekt Aufzug
Architektonisch sind die alten Fahrzeugkabinen richtige Schmuckstücke. Es gibt alles, was es in einem Haus gibt: Fenster, Türen, Sitzbank, Fussboden, Glocke. Seit dem zweiten Weltkrieg verschwinden die alten nostalgischen Kabinen mit ihren Messing-Details und lackierten Hölzern.
Trotz ihrer Schönheit kommen nicht vielen Menschen auf die Idee, Aufzüge zu sammeln. Christian Taus, Elektriker und Hobby-Historiker, gehört zu diesen wenigen Menschen. Gemeinsam mit seinem aufzugaffinen Freundeskreis hat er bereits 10 komplette Anlagen vor der Verschrottung gerettet und renoviert diese nun passioniert.
Doch Christian macht mehr als das. Er fotografiert, filmt und inszeniert auch wunderschöne Stimmungen rund um seine Aufzüge. Sie sind das Bühnenbild für seine nostalgischen, eleganten Phantasiebilder.
Oft macht er und sein Kollege Franz Jiskra Hausspaziergänge in Wiens Stiegenhäusern – um schöne Details zu entdecken und wenn er Glück hat, einen alten Aufzug, der vielleicht mal ausgebaut werden muss.
In seiner Werkstatt bietet hin und wieder kleine Workshops rund um Handwerk, Geschichte und Design an.
Die Zukunft der Aufzüge ist bereits da
Die Aufzüge werden nicht nur schlichter und funktioneller, sondern klimafreundlicher, sparsamer und intelligenter. Heute befördern keine schweren Stahlseile die Kabinen sondern Kunststoffgurte. Sie sind leicht und brauchen wenig Platz. Während dem Abwärtsfahren wird Energie gewonnen, mit der man zb die Beleuchtung speisen kann.
Und es gibt sogar schon Solar-Aufzüge, die all die Energie, die sie zum Fahren brauchen und mehr, autark produzieren. Dank der Batterien fahren sie auch bei Stromausfall noch eine gute Weile weiter. In der Anschaffung sind sie kaum teurer als gewöhnliche Aufzüge. Denn man spart sich den Platz für einen Getrieberaum und die Stromkosten im Betrieb.
Für Aufzugs-Interessierte wollen wir hier auch eine große Buchempfehlung aussprechen: Auf und Ab – von Peter Payer
Der Historiker des technischen Museums hat mit seinem Fachwissen auch unsere Dokumentation bereichert.